Die bewusste Beziehung zur Ernährung, das Wahrnehmen und Betrachten und Kennenlernen von den verschiedenen Nahrungsmitteln und eine eigene, einfache und doch qualitative Zubereitung ist ein wichtiger Teil der Kultur. Eine lebendige Beziehung zur Nahrung, zu einem Gericht, ein bewusstes Gestalten und eine lebendige Beziehung können das Kochen und Zubereiten zu einer immer neuen und phantasievollen Kunst erheben. Wenn man die Nahrungsmittel, die Gewürze kennen lernt, kann man damit auch freier und kreativer umgehen.

Das Erheben und Verbessern eines Nahrungsmittels

Die Beziehung wie auch die Zubereitung stehen so in einer engen Verbindung. Der Koch, der Mensch hat eine Kraft, die Ernährung bewusst zu gestalten und sie gewissermaßen damit zu veredeln. So wie man eine Architekturform oder eine Körperform gestalten kann, formen kann, so kann man auch die Nahrung gestalten und formen und eine innere Beziehung zu ihr ausprägen. Die Arbeit eine Speise zuzubereiten kann mit bewussten Vorstellungen erfolgen. Ein Gedanke den ich persönlich von Heinz Grill kennen gelernt habe, und der mich sehr angesprochen hat, ist, dass jede Speise, auch wenn sie mit weiteren Speisen zusammen serviert wird, trotzdem zu einer eigenen Qualität und Einheit gestaltet werden kann.

Die Ideen von Heinz Grill, die die Ernährung betreffen, sind zum einen die Verbindung von Einfachheit und hoher Qualität wie auch das Verwandeln oder Veredeln und Verbessern eines Nahrungsmittels. Wichtig erscheint mir, dass nicht Rezepte im Vordergrund stehen, sondern die bewusste Beziehung und Vorstellung.

Die Kunst des Brotbackens

Die Kunst des Brotbackens hat mich vor allem sehr beeindruckt. Das Brot, was ich bei Heinz Grill kennen lernen konnte, hat eine für mich sehr besondere Qualität, die ich bis dahin noch nicht kannte. Es ist wie ein selbständiges, vollwertiges Nahrungsmittel, das Kraft, Wärme und Fülle besitzt, ohne zu schwer oder zu feucht zu sein. Ein solches Brot wirkt wie ein für sich selbst stehendes, kräftiges und doch auch zartes Nahrungsmittel. Es hat einen leicht säuerlichen und würzigen Geschmack und ist sogar ohne viel Zutun mit Brotaufstrichen schmackhaft und dynamisch. Dieses Brot ist einfach und doch zugleich ein hochkomplexer Prozess. Brot selbst zu backen ist eine Arbeit, die sich wirklich lohnen kann. Den Prozess des Brotes bewusst zu kennen und eine bewusste Beziehung zu dem Backprozess spielen bei dieser Qualität eine oder sogar die wichtigste Rolle. Es handelt sich dabei um Brot aus Backferment – ohne Hefe.

Zwischen einem Brot aus Hefe und einem Backfermentbrot besteht ein großer Unterschied. Während das Hefebrot das Mehl gewissermaßen nur oberflächlich berührt und einen schnellen Wachstumsprozess vorantreibt, wird das Mehl durch Sauerteig – oder Fermentbrot sehr tief durchgearbeitet, strukturiert und verbunden. “Die Art der Verbindung, und Brot musss eine Einheit und Verbindung darstellen, ist vollkommen unterschiedlich.” (Heinz Grill, Ernährung und die gebende Kraft des Menschen, Stephan Wunderlich Verlag). Diesen Unterschied kann ich sehr gut nachvollziehen. Das Brot erhält mit dieser Durchstrukturierung einen richtigen Charakter, eine eigene hohe Qualität.

Das Sauerteig – oder Fermentbrot und die Stärkung des Immunsystems

Ein Vollkornbrot aus Sauerteig oder Backferment zeigt eine andere Art der Strukturierung und Durchgestaltung und es stellt eine gesunde Anforderung an unsere Verdauung. Es erscheint mit als eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel. Heinz Grill betont dabei die Bedeutung der integeren Einheit in Nahrungsmitteln. Ein richtig gestaltetes Brot wirkt sich anders, stärkend auf den ganzen Menschen aus. Besonders interessant ist dabei auch der Zusammenhang zwischen einem Brot aus Sauerteig oder Ferment und dem Immunsystem.

“Das Brot aus Sauerteig oder Fermentierung ist das beste Heilmittel, um über längere Zeit das Immunsystem zu stärken. Warum ist gerade der Prozess der Säuerung so bedeutungsvoll für das Immunsystem? Das menschliche Immunsystem arbeitet bei genauerer Betrachtung nicht nur als ein Abwehrsystem, sondern wie ein integratives System. Es bringt diejenigen Stoffe zur Ausscheidung, die ausgeschieden werden müssen, und integriert auf der anderen Seite Substanzen, die zum gesamten Aufbau notwendig sind. Damit jedoch die Ausscheidung auf richtige Weise funktionieren kann, muss sich der Organismus zuerst einmal mit den verschiedenen Stoffen bekannt machen, sich mit ihnen zu einem gewissen Grad verbinden, um sie schließlich an den Ort der Integration oder an den Ort der Ausscheidung zu führen. So wie eine menschliche Zusammenarbeit nur dann effektiv sein kann, wenn die einzelnen Personen miteinander verbunden sind, so kann auch das Immunsystem als Integrationssystem nur sinnvoll arbeiten, wenn es in sich die Fähigkeit zur Adaption und Verbindung ausgeprägt hat. Die Milchsäure beispielsweise wirkt auf besondere Weise im Brot transformierend und verbindend. Sie erschafft aus dem Mehlprodukt über den weiteren Backvorgang ein Produkt, das eine integre, aus sich selbst verbundene Einheit darstellt. Das Immunsystem benötigt am allerdringlichsten diese Einheit des Brotes im Sinne einer integren Ganzheit.”

(Heinz Grill. Ernährung und die gebende Kraft des Menschen, die geistige Bedeutung der Nahrung, Stephan Wunderlich Verlag)